Teilbefristung von Leistungen der Eingliederungshilfe durch Reduzierung der Leistungen im Leistungsbescheid nach einem Jahr | KSL.NRW Direkt zum Inhalt

Teilbefristung von Leistungen der Eingliederungshilfe durch Reduzierung der Leistungen im Leistungsbescheid nach einem Jahr

17.09.2025
Symbolbild Waage und Hammer

In der Eingliederungshilfe ist grundsätzlich vorgesehen, dass aufgrund des ermittelten individuellen Bedarfs eines Menschen mit Behinderung Leistungen bewilligt werden. Dies erfolgt in Form eines Bescheides. Da die Leistungen der Eingliederungshilfe nicht befristet werden dürfen, wird in den Bescheiden ein Zeitpunkt benannt, an dem überprüft wird, ob der ermittelte Teilhabebedarf weiter besteht oder sich verändert hat. In der Regel wird nach zwei Jahren geprüft. 

Es gibt allerdings auch anderslautende Leistungsbescheide, in denen zunächst auf der Grundlage des ermittelten Bedarfs Leistungen der Eingliederungshilfe (Fachleistungsstunden) bewilligt werden, gleichzeitig wird aber angekündigt, dass nach einem Jahr die bewilligten Leistungen ohne eine erneute Überprüfung des Teilhabedarfs reduziert werden. Bei diesen Bescheiden müssten die leistungsberechtigten Personen vor Ablauf des Jahres aktiv werden und sich dem Eingliederungshilfeträger gegenüber erklären, warum weiterhin die Fachleistungsstunden in dem für das erste Jahr bewilligten Umfang benötigt werden. Das hat nach Ansicht der KSK.NRW der Gesetzgeber so aber nicht vorgesehen. Es ist Aufgabe des Eingliederungshilfeträgers regelmäßig zu prüfen, ob sich der Teilhabebedarf verändert hat. Wenn davon ausgegangen wird, dass der Teilhabebedarf nach einem Jahr geringer sein wird, muss aus Sicht der KSL.NRW dennoch zu diesem Zeitpunkt geprüft werden, ob diese Einschätzung richtig war. 

Praxistipp:
Wenn Sie einen Bewilligungsbescheid erhalten haben, in dem Ihnen Eingliederungshilfeleistungen / Fachleistungen mit der Ankündigung bewilligt wurden, dass diese nach einem Jahr (oder zu einem anderen Zeitpunkt innerhalb von zwei Jahren) gekürzt werden, können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dagegen Widerspruch erheben. 

Nachfolgend finden Sie Muster 1, das Sie für den Widerspruch nutzen können. Alle Stellen, die fett gedruckt sind, müssten Sie ergänzen/ausfüllen. 

Haben Sie den Bewilligungsbescheid schon vor einigen Monaten erhalten und die Widerspruchsfrist ist bereits abgelaufen, haben Sie noch die Möglichkeit einen Überprüfungsantrag zu stellen. In diesem Fall nutzen Sie bitte das Muster 2. Wird Ihr Überprüfungsantrag abgelehnt, können Sie gegen die Ablehnung Widerspruch erheben. 

 

Muster 1  Download als Word-Dokument



Name der leistungsberechtigten Person
Straße
Ort


[Name der Behörde]
[Adressse]


 

Ort, Datum

Widerspruch gegen den Bescheid vom (Datum des Bescheides), erhalten am (Datum des Zugangs des Bescheides), Aktenzeichen (Aktenzeichen des Bescheides)

Sehr geehrte Damen und Herren,
 
ich erhebe insoweit Widerspruch gegen den Bescheid vom (Datum des Bescheids), der mir am (Datum des Zugangs) zugegangen ist, als dieser ankündigt, nach Ablauf von (Zeitraum bis zur Reduzierung) die mir bewilligten Eingliederungshilfeleistungen / Fachleistungsstunden von (Anzahl der Fachleistungsstunden) auf (Anzahl der reduzierten Fachleistungsstunden) ohne vorherige erneute Überprüfung meines Teilhabebedarfs zu reduzieren. Der Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt mich in meinen Rechten.

Ihre Ankündigung, die bewilligten Fachleistungsstunden nach Ablauf von (Zeitraum bis zur Reduzierung) ohne weitere Prüfung meines Bedarfs zu reduzieren, stellt eine unzulässige Teilbefristung von Eingliederungshilfeleistungen dar.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat u.a. in seinem Urteil vom 28.01.2021 (Az. B 8 S0 9/19 R) entschieden, dass die zeitliche Befristung (und damit auch eine zeitliche Teilbefristung) von Leistungen der Eingliederungshilfe in der Regel rechtswidrig ist. Das BSG führt in seiner Entscheidung aus, dass der Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich nicht durch Zeitablauf ende, sondern erst, wenn das Teilhabeziel erreicht sei. Die Überprüfung des (weiteren) Bedarfs der leistungsberechtigten Person habe durch das vom Leistungsträger regelmäßig durchzuführende Bedarfsfeststellungsverfahren (spätestens alle zwei Jahre) zu erfolgen. 

Mit der Befristung der Leistung verfolge der Leistungsträger das Ziel seine Tätigkeit zusätzlich zu erleichtern. Denn die leistungsberechtigte Person müsse sich in diesem Fall spätestens nach Fristablauf um eine erneute Bewilligung bemühen. Sie würde das Risiko tragen, dass eine Anschlussbewilligung nicht rechtszeitig erfolge, auch wenn sie ihren Mitwirkungspflichten nachkomme. Der Leistungsträger könnte sich praktisch unter Umgehung der gesetzlich vorgesehenen Verfahrensvorschriften (§§ 45,48 SGB X) die Aufhebung jeder Bewilligung vorbehalten. 

Dieses Vorgehen des Leistungsträgers sei rechtswidrig. Dieser sei in der Pflicht das Verfahren der (erneuten) Bedarfsfeststellung rechtzeitig einzuleiten. Seien Änderungen des Bedarfs schon bei der Bewilligung absehbar, habe der Leistungsträger die Möglichkeit das Bedarfsfeststellungsverfahren in kürzeren Abständen zu wiederholen.

Mit der Ankündigung der Reduzierung der bewilligten Fachleistungsstunden ohne eine erneute Überprüfung meines Teilhabebedarfs nehmen Sie daher eine unzulässige Verschiebung der gesetzlichen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten vor. 

Das hat zur Folge, dass ich mich als leistungsberechtigte Person vor Erreichen des Zeitpunktes der Leistungsreduzierung um eine Weiterbewilligung der Leistungen im bisher bewilligten Umfang bemühen muss, weil sich mein Teilhabebedarf nicht verändert hat. 

Diese Praxis widerspricht der vorstehend benannten Rechtsprechung des BSG und auch eindeutig der Intention des Gesetzgebers, der dem Eingliederungshilfeträger die Aufgabe zuweist, den gesamten Teilhabeprozess zu steuern und auch den Teilhabebedarf regelmäßig zu überprüfen (§ 121 Abs. 2 SGB IX). Eine (prognostizierte) Entwicklung des Teilhabebedarfs ist von vielen Faktoren abhängig und verläuft häufig nicht gradlinig. Daher kann eine bestimmte Entwicklung nicht ohne weitere Überprüfung durch den Eingliederungshilfeträger unterstellt werden. 

Ich bitte um zeitnahe Überprüfung und Bestätigung des Eingangs des Widerspruchs.

Mit freundlichen Grüßen

____________________________________________________
Unterschrift leistungsberechtigte Person oder gesetzliche(r) Betreuer*in

Hinweis: Der Inhalt des vorliegenden Musterwiderspruchs ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Haftung und Gewähr sind ausgeschlossen. Eine auf den Einzelfall bezogene fachkundige Beratung kann durch den Musterwiderspruch nicht ersetzt werden.


Muster 2  Download als Word-Dokument


Name der Leistungsberechtigten Person
Straße
Ort

[Name der Behörde]
[Adresse]

 

Ort, Datum

Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom (Datum des Bescheides), (Aktenzeichen des Bescheides) gemäß § 44 SGB X

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beantrage die Überprüfung des Bescheides vom (Datum des Bescheides) gemäß § 44 SGB X insoweit, als Sie die bewilligten Leistungen der Eingliederungshilfe zeitlich befristen und ohne Überprüfung nach (Anzahl der Monate) Monaten in ihrem Umfang reduzieren. Die Befristung und die Reduzierung ohne Überprüfung ist rechtswidrig und verletzt mich in meinen Rechten.

Ihre Ankündigung, die bewilligten Fachleistungsstunden nach Ablauf von (Anzahl der Monate) ohne weitere Prüfung meines Bedarfs zu reduzieren, stellt eine unzulässige Teilbefristung von Eingliederungshilfeleistungen dar. 

Das Bundessozialgericht (BSG) hat u.a. in seinem Urteil vom 28.01.2021 (Az. B 8 S0 9/19 R) entschieden, dass die zeitliche Befristung (und damit auch eine zeitliche Teilbefristung) von Leistungen der Eingliederungshilfe in der Regel rechtswidrig ist. Das BSG führt in seiner Entscheidung aus, dass der Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe grundsätzlich nicht durch Zeitablauf ende, sondern erst, wenn das Teilhabeziel erreicht sei. Die Überprüfung des (weiteren) Bedarfs der leistungsberechtigten Person habe durch das vom Leistungsträger regelmäßig durchzuführende Bedarfsfeststellungsverfahren (spätestens alle zwei Jahre) zu erfolgen. 

Mit der Befristung der Leistung verfolge der Leistungsträger das Ziel seine Tätigkeit zusätzlich zu erleichtern. Denn die leistungsberechtigte Person müsse sich in diesem Fall spätestens nach Fristablauf um eine erneute Bewilligung bemühen. Sie würde das Risiko tragen, dass eine Anschlussbewilligung nicht rechtszeitig erfolge, auch wenn sie ihren Mitwirkungspflichten nachkomme. Der Leistungsträger könnte sich praktisch unter Umgehung der gesetzlich vorgesehenen Verfahrensvorschriften (§§ 45,48 SGB X) die Aufhebung jeder Bewilligung vorbehalten. 

Dieses Vorgehen des Leistungsträgers sei rechtswidrig. Dieser sei in der Pflicht das Verfahren der (erneuten) Bedarfsfeststellung rechtzeitig einzuleiten. Seien Änderungen des Bedarfs schon bei der Bewilligung absehbar, habe der Leistungsträger die Möglichkeit das Bedarfsfeststellungsverfahren in kürzeren Abständen zu wiederholen.

Mit der Ankündigung der Reduzierung der bewilligten Fachleistungsstunden ohne eine erneute Überprüfung meines Teilhabebedarfs nehmen Sie daher eine unzulässige Verschiebung der gesetzlichen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten vor. 

Das hat zur Folge, dass ich mich als leistungsberechtigte Person vor Erreichen des angekündigten Zeitpunktes der Leistungsreduzierung um eine Weiterbewilligung der Leistungen im bisher bewilligten Umfang bemühen muss, weil sich mein Teilhabebedarf nicht verändert hat. 

Diese Praxis widerspricht der vorstehend benannten Rechtsprechung des BSG und auch eindeutig der Intention des Gesetzgebers, der dem Eingliederungshilfeträger die Aufgabe zuweist, den gesamten Teilhabeprozess zu steuern und auch den Teilhabebedarf regelmäßig zu überprüfen (§ 121 Abs. 2 SGB IX). Eine (prognostizierte) Entwicklung des Teilhabebedarfs ist von vielen Faktoren abhängig und verläuft häufig nicht gradlinig. Daher kann eine bestimmte Entwicklung nicht ohne weitere Überprüfung durch den Eingliederungshilfeträger unterstellt werden. 

Ich bitte um zeitnahe Überprüfung und Bestätigung des Eingangs des Antrags.

Mit freundlichen Grüßen

____________________________________________________
Unterschrift leistungsberechtigte Person oder gesetzliche(r) Betreuer*in

Hinweis: Der Inhalt des vorliegenden Musterantrags ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Haftung und Gewähr sind ausgeschlossen. Eine auf den Einzelfall bezogene fachkundige Beratung kann durch den Musterantrag nicht ersetzt werden.


Titelseite der KSL-Konkret #9

Unsere KSL-Konret zum Thema Sozialerechte 

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